Geschichte

Einige Fakten und Daten zur Architektur und Entwicklung unserer Brenzkirche.

1933 – DER BAU

Im internationalen Stil nach den Prinzipien der neuen Sachlichkeit errichtet, wird die von Architekt Alfred Daiber entworfene Kirche am 2. April 1933 eingeweiht. Gestalterische Reduktion und klare Form, große Fenster und viel Licht im Inneren stehen für dieses sehens- und beachtenswerte Beispiel des Neuen Bauens. Charakteristisch sind nicht nur das flache Dach und der offene Glockenstuhl, sondern auch die Befensterung und die „runde Ecke“ an der Nordseite. Zusammen weisen sie mit einladender Geste den Weg entlang der Rundung zum Haupteingang auf der Westseite.

Ihre viel bewunderte und heftig umstrittene Nachbarin: die Weißenhofsiedlung. Wie sie soll die Kirche Weißenhofkirche heißen, was jedoch vom Oberkirchenrat abgelehnt wird. Stattdessen wird der württembergische Reformator Johannes Brenz zum Namenspatron. Dessen seinerzeit fortschrittliche und pazifistische Grundhaltung passt im Übrigen gut zu ihrer Architektur. Sie folgt dem für die damalige Zeit außergewöhnlich konsequenten, zukunftsweisenden Konzept eines multifunktionalen Baus. Einer Kirche ohne Hierarchien, in der gefaltete Hände so wichtig sind wie helfende, Denken und Handeln ebenso wie Andacht und Kontemplation. Evangelische Freiheit drückt die neue Brenzkirche aus. Dies währt jedoch nur sechs Jahre.

1939 – DER UMBAU

Zur Reichsgartenschau 1939 auf dem Killesberg fordert die Stadt Stuttgart, die Brenzkirche umzugestalten, da ihre liberale Baugesinnung das Stadtbild störe. Der moderne Kirchbau in unmittelbarer Nähe zum Haupteingang der Reichsgartenschau sei den Gästen aus dem In- und Ausland nicht zuzumuten. Hinzu kommen Pläne, dass auch die Weißenhofsiedlung abgerissen werden und einem riesigen Gebäudekomplex der Wehrmacht weichen soll. Damit würde die Brenzkirche auch ihre architektonische Anbindung verlieren. Die inzwischen ausgewechselte Kirchenleitung befürwortet den Umbau und beauftragt den Architekten Rudolf Lempp. In nur vier Monaten wird aus dem Flachdach ein Satteldach, die runde Ecke versteckt, die Fenster verkleinert, der offene Glockenstuhl in einen gewöhnlichen Kirchturm verwandelt. Der Ungeist ergreift auch die Gemeindeleitung: Gemeindeglieder, die nach dem neuen Arierparagraphen als jüdisch gelten, sind in der germanisierten Brenzkirche nicht mehr erwünscht.

1945 – DER WIEDERAUFBAU

Der Krieg ist zu Ende. Die Nazis und ihre Opfer sind bedrückende und traurige Geschichte. Die Eingriffe in die Architektur der Brenzkirche mit ihrer erzwungenen baulichen Arisierung haben Bomben teilweise rückgängig gemacht. Der Schutt wird beseitigt, die Schäden auch. Doch ein „Schaden“ bleibt: Der Ungeist der NS-Zeit. 1947 baut Rudolf Lempp die Brenzkirche in der Art von 1939 mit zusätzlichen, erheblichen Veränderungen im Kirchenraum wieder auf. Nach weiteren Renovierungen in den 1950er – und 1960er Jahren wird die entstellte Brenzkirche zum 50-jährigen Jubiläum 1983 unter Denkmalschutz gestellt. Als „anschauliches Zeugnis für den Kampf, der zur Zeit des ‚Dritten Reiches‘ gegen die moderne Kunst geführt wurde“  bestünde an der „Erhaltung der Brenzkirche ein öffentliches Interesse aus wissenschaftlichen Gründen“.

1947 BIS HEUTE

Der Zahn der Zeit nagt an der 1947, 1953 und 1968 renovierten Brenzkirche. Es bröckelt hier, es wackelt dort. Die verunstaltete Kirche schreit nach Heilung. Die unattraktive Außenerscheinung, die durch den Denkmalschutz festgeschrieben wurde, entspricht in keiner Weise mehr dem Selbstverständnis dieser weltoffenen Gemeinde mit ihren vielfältigen Aktivitäten. Ihrem ursprünglichen multifunktionalen Werkstattcharakter folgend, werden ihre Räume in unterschiedlichster Weise belebt: Für Gottesdienste verschiedenster Art. Als Atelierkirche und Spielraum für die Begegnung von Kunst und Religion. Als Treffpunkt für Glaubende und Suchende, und als Ort der Begegnung von Religionen und Kulturen. Was innen wächst, will und soll auch äußerlich sichtbar werden. Die Feier des Gottesdienstes braucht einen würdigen, ästhetisch ansprechenden Ort und ein einladendes Haus. Neue Ideen brauchen neue vielfältig nutzbare Räume.